Broer Cross-cultural Management
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Aktuelles

Globale Finanzkrise, lokales Management
Gerade in Krisenzeiten ist interkulturelle Kompetenz ein wichtiger Erfolgsfaktor

Kaum schlug die Finanzkrise global zu, besannen sich Akteure und Kommentatoren auf nationales Wirtschaften. Ein Bankenzusammenbruch, wie er in den USA drohe, sei in Deutschland mit seinem dreigliedrigen Bankensystem erheblich unwahrscheinlicher. Der Vorstoß des französischen Staatspräsidenten Sarkozy, der Staat solle durch eigenes Aufkaufen unterbewerteter Unternehmen die Verscherbelung ganzer Schlüsselindustrien an ausländische Staatsfonds verhindern, wurde als typisch französisch erklärt mit dem Hinweis, in Frankreich gebe es eine lange Geschichte staatlicher Interventionen ins Wirtschaftsgeschehen. Das massive Eingreifen der britischen Regierung im Bankensektor wurde mit der Spekulationsblase am Hypothekenmarkt in England begründet. Das deutsche Rettungsangebot an notleidende Banken wurde einerseits in seiner soliden Systematik gelobt, andererseits von britischen Finanzjournalisten massiv kritisiert, weil es Sanktionen gegen die verantwortlichen Manager vorsieht.

Keine Frage: In der Krise besinnt sich jede Nation auf Maßnahmen, die ihr gangbar und zielorientiert erscheinen, und die – nicht zur Überraschung interkultureller Experten – jeweils ganz anders gestrickt und verkauft werden.

Die Rettungsaktionen werden in Frankreich und Deutschland mit nationalem Notstand legitimiert, in London und Washington mit dem Vorteil für „every taxpayer“.

Während sich Experten und Öffentlichkeit in Deutschland fragten, wie es zur Finanzkrise kommen konnte und wer die Schuldigen seien, interessierten sich weite Kreise der USA hauptsächlich für die Frage, wie es weiter gehen wird. Und ist auch Japan hart getroffen mit dem historischen Tiefststand des Nikkei Index, so wird das Thema in der Öffentlichkeit dort eher heruntergespielt. Mit Genugtuung nimmt man zur Kenntnis, dass diesmal japanische Akteure insolvente amerikanische Finanzunternehmen aufkaufen. In China wendet sich der Privatinvestor wie ein gebranntes Kind von der Börse ab , die Koreaner stacheln sich zu gesteigerter Leistung an, um sich gegen die fahnenlose internationale Finanzwelt zu stemmen.

Wer will, kann in diesen Reaktionen rund um den Globus die Pluralität der globalen Gesellschaft erkennen.

Man kann daran aber auch erkennen, dass trotz aller globalen Vereinheitlichungen der letzen Dekade, die einzelnen Märkte eben doch ganz eigenen Verhaltensspielregeln folgen, auch wenn es letztlich beim Wirtschaften um das Erzielen von Gewinnen geht, ganz gleich an welchem Fleckchen Heimaterde dieses Planeten man sich befindet.

Die Finanzkrise macht deutlich, dass angemessenes Handeln im wirtschaftlichen Umfeld auch eine kulturelle Komponente enthält. Dies tritt in Zeiten der Krise deutlicher hervor, als unter normalen Umständen, die kulturelle Komponente ist jedoch ein ständiger Begleiter der Wirtschaftsakteure. In Krisen kann es überlebenswichtig sein, diesen kulturellen Erfolgsfaktor zu beherrschen, in ruhigen Zeiten mag er zwar nicht unbedingt existenzielle Bedeutung entfalten, er beeinflusst aber durchaus die Effizienz des Wirtschaftens.

Unternehmer erleben diese Kulturunterschiede im internationalen Geschäft tagtäglich. Wer in anderen Kulturen aufgewachsen ist, setzt als Manager eines Unternehmens andere Prioriäten, nämlich solche, für die er in seinem vertrauten Umfeld Anerkennung erfährt. Wer Quartalsdividenden kennt und statt mit dem kaufmännischen Niederstwertprinzip des HGB mit den ‚marktnahen’ Regeln IFRS aufgewachsen ist, der glaubt eher an kurzfristiges Wirtschaften, der verlässt sich lieber auf kurzfristige Bonuszahlungen als an langfristige Beschäftigungszusagen.

Dem deutschen Bankensektor wurde jahrelang aus dem Ausland vorgehalten, er sei ineffizient, weil zu stark reglementiert. Eine Einschätzung, die sich in einer kulturvergleichenden Gegenüberstellung begründen lässt, die jedoch in Deutschland zurzeit wohl nicht allzu viele Freunde finden dürfte. Hierzulande wirft man manchem Unternehmenslenker vor, nicht genug an das langfristige Überleben des Unternehmens gedacht zu haben, das zu leiten sie augenblicklich die Ehre haben.

Die Kultur wirkt sich aus auf grundlegende Faktoren erfolgreichen Managements. Planungshorizonte variieren von Markt zu Markt, genauso wie die Risikobereitschaft. Motivationsförderung sieht in Japan anders aus als in den USA, auch welche Informationen wann und in welcher Deutlichkeit zu übermitteln sind, darüber besteht keineswegs eine globale Einvernehmlichkeit.

Die letzte Dekade hat gezeigt, dass internationales Wirtschaften trotz aller Verschiedenheit der Märkte möglich und zuweilen auch einträglich ist. Die Finanzkrise zeigt erneut auf, dass trotz Globalisierung der Produkte die Herangehensweisen an Managementaufgaben dennoch von Markt zu Markt verschieden sind.

Global Players unter den Managern kennen die unterschiedlichen Managementkulturen der wichtigsten Märkte. Sie perfekt zu beherrschen, um relative Vorteile bewusst zu nutzen, bedarf einigen Trainings ob nun „on the job“ oder „off the job“ in guten interkulturellen Managementtrainings. Ein Training off the job vor dem Eintreten einer Krisensituation erscheint in diesen Tagen einmal mehr als sinnvolle Investition.

Bonn, 28.Oktober 2008



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